Du machst intuitiv schon ganz viel richtig, das kannst Du spüren. Wenn es das Richtige ist, dann fühlst Du das.
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Ja! Absolut! Mehr fühlen, weniger denken – man könnte mir nicht mehr aus der Seele sprechen. Und trotzdem zwicken mich diese Sätze manchmal.

Ich spüre, dass wir unser Verhältnis und die Verbindung zu unserer Intuition oftmals vollkommen unter- und manchmal aber auch absolut überschätzen.


Der Wert der Erfahrung

In der menschlichen Natur liegt mit unseren Vorfahren und Ahnen eine lange Kette von Erfahrungen verankert, die bis zu uns im Heute reicht. Von Generation zu Generation werden Erfahrungen als lebenswichtige Informationen weitergegeben, evolutionär angepasst und optimiert.
Daraus entspringen unsere ureigenen, tief verankerten Instinkte, Automatismen und Reflexe, so wie beispielsweise der Saugreflex beim Neugeborenen oder unsere Reaktion auf akute Lebensbedrohungen.

Wir wissen in dem Moment einfach, was zu tun ist und handeln aus jahrtausendealten Impulsen heraus.


Mal ja, mal nein

Neben diesen festen und stabilen Mustern und Programmen stellt sich die Intuition für mich etwas weicher und flexibler dar. Intuitiv handeln bedeutet, nachzuspüren, ob etwas stimmig ist oder nicht. Es ist das Gefühl des Richtigseins – die wohlige Zufriedenheit des „in-sich-Ruhens“ und „mit-der-Welt-Fließens“. Die Fähigkeit dazu tragen wir alle in uns.

Nur kann ich meine Intuition nicht wie Werkzeug bei Bedarf aus der Schublade ziehen und sie dann wieder fein säuberlich einlagern, wenn sie mir gerade unpassend erscheint oder unangenehme Ergebnisse liefert.


Viele Stimmen

Und wer spricht da überhaupt? Welche Erfahrung erhebt gerade die Stimme, welcher Anteil in mir fordert gerade sein Recht, welche Traumata tauchen unbewusst auf?

Die eigene intuitive Stimme zu kennen bedeutet auch, alle anderen Stimmen in uns zu erkennen und sie unterscheiden zu lernen.

Die Intuition spricht zu mir sanft und ruhig, darin liegt keine Hektik oder Dramatik. Es gibt keine theatralischen Momente, sondern eher so etwas wie einen Sog oder Faden. Etwas, das mich sanft aber bestimmt lenkt. Sehr klar, sehr schlicht.


Einladen statt einfordern

Die Erwartung, auf einmal und plötzlich intuitiv handeln zu können, ist meiner Meinung nach meistens eine Illusion.
Ja, es gibt unsere untrüglichen Instinkte und sicherlich gibt es auch starke intuitive Eingebungen und Momente, die scheinbar aus dem Nichts kommen.
Das nehme ich aber eher als Ausnahmeerfahrungen wahr. Um einen nachhaltigen Umgang mit der eigenen Intuition zu entdecken und zu etablieren, brauche ich etwas Geduld und Beständigkeit.

Die eigenen intuitiven Fähigkeiten zu entdecken, zu erproben und zu stärken, ist herrlich. Und darin liegt für mich der entscheidende Unterschied: ob ich meine Intuition neugierig einlade und gespannt bin, auf welche Reise wir uns begeben. Oder ob ich sie verzweifelt einfordere und aus festen mentalen Konstrukten heraus plötzliche Eingebungen erwarte.

Intuition ist kein Strohhalm für unsere Entscheidungen, an den wir uns klammern können, wenn es mal schwierig wird, sondern sie bildet ein starkes Fundament für unser Handeln.


Martje Mehlert